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LUKAS KAMPA: „EIN GOLDENER ABSCHLUSS OHNE MEDAILLE“

lukas Kampa (c) volleyballworld

PARIS. Nach 16 Jahren und 242 Länderspielen ist Schluss: Lukas Kampa hat seine Karriere in der Volleyball Nationalmannschaft beendet. Im Interview spricht der 37-jährige Kapitän der DVV-Männer über seine Beweggründe, das knappe Aus bei den Olympischen Spielen in Paris und die Zukunft des deutschen Teams.

Lukas, ihr seid vor wenigen Tagen auf dramatische Weise im Viertelfinale der Olympischen Spielen in Paris ausgeschieden. Wie fällt dein Fazit mit ein paar Tagen Abstand aus?

Es fällt sehr ähnlich aus zu dem, was ich direkt nach dem Spiel gefühlt und gesagt habe: Der Stolz überwiegt. Wir haben alles gegeben und uns nichts vorzuwerfen. Wir können mit erhobenem Haupt vom Feld gehen. Natürlich ist man traurig, das Turnier zu dem Zeitpunkt verlassen zu müssen und man fragt sich, was wäre, wenn. Aber so ist es im Sport. Es bleibt der Stolz.

Georg Grozer war dein langjähriger Weggefährte. Was hat es dir bedeutet, Olympia nochmal mit ihm zu erreichen?

Es war sehr besonders, dass nochmal mit ihm gemeinsam erleben zu dürfen. Wir haben uns in den vergangenen drei, vier Jahren immer wieder gesagt, dass wir dieses große Ziel nochmal gemeinsam erreichen wollen. Auch wenn wir immer im gleichen Atemzug gesagt haben, dass wir dann auch eine Medaille mitnehmen. Es war trotzdem nochmal ein goldener Abschluss ohne Medaille für uns beide, für unsere gemeinsame Zeit. Wir haben beide nochmal starke Leistungen gezeigt und sind nicht nur als Begleitpersonal bei Olympia dabei gewesen. Das bedeutet mir mindestens so viel, wie eine Medaille mit ihm mitzunehmen. Der Kreis, den wir vor vielen Jahren angefangen haben, hat sich geschossen. Das werden wir für den Rest unseres Lebens im Herzen haben.

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Lukas Kampa und Georg Grozer feierten 2017 EM-Silber. (Foto: CEV)

Die Olympischen Spiele waren dein letztes Turnier mit der Nationalmannschaft. Wie kam es zu dem Entschluss und wie geht es dir damit?

Der Entschluss steht schon länger fest. Schon im letzten Sommer war klar, dass wenn wir die Qualifikation nicht schaffen, dass es dann das Ende für mich gewesen wäre. Es hat sich bei mir schon über die letzten ein, zwei Jahre angedeutet. Es gibt körperliche Grenzen und auch meine Familie spielt dabei eine große Rolle. Ich möchte mehr Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern verbringen. Es geht mir sehr gut mit der Entscheidung. Ich glaube auch nicht, dass es nächsten Sommer nochmal kribbelt, wenn ich die Jungs spielen sehe. Ich werde der größte Fan der Mannschaft.

Georg hat auch mit fast 40 Jahren noch nicht genug und hat die WM nächstes Jahr im Blick. Reizt es dich nicht, doch noch ein Jahr dran zu hängen, wo es jetzt so gut läuft?

Nein, das reizt mich tatsächlich nicht mehr, weil es eine wohlüberlegte Entscheidung ist, die über einen längeren Zeitraum gereift ist. Das bedeutet nicht, das ich keinen Spaß mehr hatte oder den volleyballerischen Reiz nicht mehr spüre oder nicht mehr mit den Jungs spielen will, sondern es geht um andere Dinge, wie mein Körper und meine Familie. Daher ist meine Entscheidung sehr klar. Nach der WM käme eine EM und dann schon wieder die Olympischen Spiele, das geht immer weiter, wird aber an meiner Entscheidung nichts ändern.

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2014 jubelte Lukas Kampa mit den DVV-Männern über WM-Bronze. (Foto: FIVB)

Du hast viel mit der Nationalmannschaft erlebt. Was war der schönste Moment?

Es ist unmöglich, einen schönen Moment mit der Nationalmannschaft rauszugreifen. Natürlich stechen Siege oder erfolgreiche Turniere wie WM-Bronze 2014 oder EM-Silber 2017 raus. Und natürlich sind auch die beiden Olympia-Teilnahmen ganz spezielle Erlebnisse, auch wenn wir keine Medaille geholt haben. Ein Erlebnis rauzuspicken ist sehr schwer, vielleicht die WM 2014, weil es das erste große Turnier war, wo wir erfolgrich waren und eine Medaille gewonnen ahben. Es war eine besondere Reise in Kattowitz, was auch für mich der Auftakt für meine lange Zeit in Polen war. Aber es gibt auch ganz viele kleine schöne Momente, wie das Reisen und gemeinsam Dinge erleben.

Und welcher war der bitterste Moment?

Einer der bittersten Momente war jetzt vor ein paar Tagen. Wir waren sehr nah dran, Frankreich bei einem großen Turnier zu schlagen, und etwas Historisches für den Deutschen Volleyball zu erreichen. Die andere bitterste Niederlage ist das Spiel um Platz drei bei der Olympia-Quali 2016 gegen Polen in Berlin wo wir im Tiebreak knapp verlieren und somit die Teilnahme am World Cup verpasst haben, wo die letzten drei Olympia-Tickets ausgespielt wurden.

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Foto: volleyballworld

Was hat die Zeit mit der Nationalmannschaft für dich so besonders gemacht?

Natürlich ist es immer wieder eine große Freude und Ehre, für Deutschland aufzulaufen. Aber das Besondere ist, dass ich fast die komplette Zeit mit einigen Leuten teilen durfte, mit Georg, Frommi und unserem Physio Olli Klenk – eine gemeinsame Reise zu haben, die uns verbindet. Ich habe es auch immer als Privileg gesehen, die Welt durch den Volleyball entdecken zu dürfen, zu reisen und an so vielen unterschiedlichen Orten zu spielen. Die Olympischen Spiele erleben zu können, aber auch in Kienbaum zu trainieren, wo viele deutsche Spitzensportler trainieren, war immer etwas besonderes für mich. Ich habe mich jedes Jahr sehr drauf gefreut. Die Menschen und die ganz verschiedenen Erlebnisse sind das Besondere an der Zeit.

Was wirst du am meisten vermissen?

Genau das werde ich vermissen: das Reisen, auch wenn es anstrengend ist und nicht immer ein Zuckerschlecken, aber so rumzukommen hat mir immer viel Freude bereitet. Auch nicht mehr in Kienbaum zu sein, werde ich vermissen. Genauso nicht mehr mit den Jungs zusammen zu sein. Die Spannung vor einem Spiel in der Kabine und die gemeinsame Freude nach Siegen. Das wird mir fehlen, auch wenn ich es weiterhin im Verein erleben werde.

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Foto: volleyballworld

 

Wie siehst du die Zukunft des Teams? Was wünscht du deinen Jungs?

Insgesamt sehe ich das Team gut aufgestellt für die Zukunft. Vor allem, weil die Leistungsträger nach wie vor im Team sind. Klar muss man sehen, wer letztlich in Georgs Fußstapfen treten kann, denn irgendwann wird auch eher aufhören. Erik Röhrs hat schon angedeutet, dass er da durchaus Potenzial hat. Vom Potenzial, von der Mentalität hat das Team alles, was nötig ist, um weiter auf diesem Niveau zu spielen. Daher wünsche ich der Mannschaft, dass dieser Kern und dieser Teamspirit so zusammenbleibt und die Reise erfolgreich weiter geht. Mich würde es unglaublich freuen, wenn sich die Jungs irgendwann mit einer Medaille bei einem der großen Events belohnen. Dafür drücke ich die Daumen und werde sie anfeuern.

Wie wirst du zukünftig deine Sommer verbringen?

Ich freue mich, einfach mal selbstbestimmt einen Familienurlaub planen zu können. Und im Sommer mal wieder auf private Feiern gehen zu können. Ansonsten werde ich mich Projekten widmen, um irgendwann auch ohne Volleyball Leben zu können und einen Alltag zu haben. Den Grundstein habe ich schon gelegt, das werde ich jetzt in den freien Sommern intensivieren.

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